13. November 2016

Was Räder hat, will rollen

Es scheint eine Eigenschaft des Menschen zu sein, dass er Schnellsein toll findet. Für den Kick benutzt er gern fahrbare Untersätze, Autos, Fahrräder, Skateboards, Motorräder. 

Ist der damit ausgestattet, kommt es ihm darauf an, damit so hurtig wie möglich voranzukommen.
Viele Autofahrende schlängeln sich spurenwechselnd durch den Verkehr, nutzen jeden Vorteil, um das Gefährt nach vorne zu treiben, überholen Radfahrende knapp, fahren am haltenden Bus vorbei, obgleich ihnen auf der Gegenfahrbahn Verkehr entgegenkommt. Jede Sekunde zählt.



Ich glaube nicht, dass es vor allem darauf ankommt, schneller anzukommen, denn der Zeitgewinn beim Stau-Hopping oder beim Überholen eines Radlers ist minimal. An der nächsten Ampel trifft man sich wieder. Es kommt offenbar auf das Gefühl an, ständig zu rollen. Anhalten ist eine Niederlage.

Das gilt nicht nur für Autofahrer/innen, sondern genauso für Radler/innen. Wobei Radfahrende auch deshalb nicht halten, sondern rollen wollen, weil für sie der Start aus dem Stillstand mit Anstrengung verbunden ist. Autofahrer treten nur aufs Gaspedal, Radler müssen mit ordentlich Kraft antreten und sich wieder in Schwung bringen.

Auch Fußgänger/innen wollen zügig vorankommen, weshalb sie Autostraßen auch gerne dort überqueren, wo es gerade geht, nur um einen Umweg über einen zehn Meter entfernt gelegenen Zebrastreifen oder eine Fußgängerampel zu vermeiden. Fußgänger gehen Abkürzungen, Autofahrer ärgern sich über Geschwindigkeitsbegrenzungen (die Fußgänger und Radler schützen) und Radler schlängeln sich durch Autoschlangen oder umgehen die rote Ampel über eine Gehwegecke.


Alles verständlich, aber nicht wirklich sinnvoll. Der überholende Autofahrer bremst den Radler an der nächsten Ampel aus und wird von ihm wiederum rechts überholt. Der Radler startet stets schneller als ein Auto, also hat der Autofahrer den Radler wieder vor sich. Radfahrer bringen sich selber in Gefahr, wenn sie jede Lücke nutzen und rote Ampeln missachten. Und Fußgänger gefährden sich ebenfalls, wenn sie bei Rot über Fußgängerüberwege laufen, ohne den Verkehr gänzlich zu überblicken. Es wäre sinnvoll, wir würden unsere Geschwindigkeitslust im Straßenverkehr etwas zügeln. Die Straße ist nämlich nicht für Schnelligkeit gemacht, sondern für ein ausgewogenes Miteinander verschiedener Fortbewegungsarten, die alle zum Zuge kommen sollen und das möglichst ungefährdet.

Zum einen täte es uns gut, wenn wir die jeweils anderen Fortbewegungsarten mit Verständnis betrachten würden. Zum anderen täte es dem Innenstadtverkehr sehr sehr gut, wenn wir uns an Verkehrsregeln und Geschwindigkeitsbegrenzungen halten. Wer mit dem Auto gelassen fährt, muss nicht an jeder Ampel halten, sondern rollt. Und er oder sie beweist damit fahrerisches Können.

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