13. Januar 2016

Warum opfern wir unsere Stadtviertel dem Durchgangsverkehr?

In der Cannstatter Zeitung erscheine am 9. November ein Leserinnenbrief. Als die Autorin vor drei Jahren nach Stuttgart zog, hat sie sich verwundert die Augen gerieben. 

Warum opfern die Cannstatter ihr Stadtviertel dem Durchgangsverkehr nach Fellbach? Die Fellbacher haben so viele andere Möglichkeiten nach Stuttgart zu kommen. Dann kam die Radspur entlang der Waiblinger Straße nach Fellbach, und sie atmete auf. Endlich mehr Ruhe, weniger Tempo, und sie konnte mit ihrem Kinderanhänger mit dem Rad nach Cannstatt fahren. Hurra!


Und jetzt der Schock: Da diskutieren doch wirklich wieder ernsthaft Cannstatter darüber, die Radspuren abzuschaffen und den Autoverkehr wieder Vierspurig lärmen, stinken und sich stauen zu lassen.

Inzwischen nutzen 300 bis 600 Radler/innen täglich die Radspuren. Das sind schon mal 500 Autos weniger. Die stehen da schon mal nicht auch im Stau. 

Übrigens nutzen Radler die Spuren auch gern nach Einbruch der Dunkelheit, wenn so manche nicht mehr durch Kurparks und andere dunkle Winkel radeln, sondern schnell und direkt heimkommen will. Er hat Schwächen, was die Radlerfrequenz reduziert. Beispielsweise kann man in Richtung Fellbach viel zu selten nach Links Richtung Kurpark abbiegen. Es gibt nur äußerst schlechte Anbindung in die links und rechts liegenden Stadtviertel. Da haben Stadtplaner nur in Autokategorien gedacht: Radfahrer, die 100 Meter bergauf fahren, einen U-Turn machen und dann 100 Meter wieder runterrollen, um in eine Seitenstraße abzubiegen. Autos zumutbar, Radlern nicht.

Aber in Cannstatt ist die Radinfrastruktur ja insgesamt noch sehr ausbaufähig, ob um den Wilhelmsplatz herum oder am Augsburger Platz, entlang des Nackars (wo es ja nur einen für Radler freigegebenen Fußweg gibt, den alle für einen Radweg halten) an den Ampelanlagen und Übergängen zur König-Karls-Brücke.

Außerdem fehlt die direkte Verbindung über den Wilhelmsplatz zur König-Karls-Brücke. Die Radspur Richtung Stuttgart verkümmert und endet vor dem Wilhelmsplatz. Radler werden einen undurchsichtigen Umweg geschickt, nur damit die Autofahrer Luxus haben. Erst wenn diese Schwächen weg sind, werden hier richtig viele Radfahrer unterwegs sein.

Das wird auch besser werden in diesem Jahr ... oder etwa nicht?

2 Kommentare:

  1. Hallo zusammen, ein sehr schöner Leserbrief der die Situation gut beschreibt. Ich bin an der Waibligerstr. aufgewachsen und kann mich noch sehr gut an die schlimmen Zustände vor dem Neubau der B14 erinnern. So, jetzt lehn ich mich mal ein bisschen aus dem Fenster und hoffe, dass mir meine Erinnerung keinen Streich spielt. Soweit ich mich erinnere, war der Rückbau der Waiblingerstr. Bestandteil der Planfeststellung und Planrechtfertigung der neuen B14 beim Daimler durch die Weinberge. Ohne Rückbau, keine neue B14! Dass der Rückbau solange gedauert hat (20 Jahre?) liegt an der Bräsigkeit der Stuttgarter Stadverwaltung. Wenn ein Anwohner geklagt hätte, hätten sie schon viel früher aktiv werden müssen. Der Fahrradstreifen wie er jetzt gebaut wurde ist übrigends, wen wunderts, die autofreundlichste Version. Genausogut hätte man einen Grünstreifen bauen können und die Fahrradfahrer hätten die einspurige Straße benutzen können, wo sie eigentlich auch hingehören. Nebenbei, es wurde nicht nur der Fahrradstreifen gebaut sondern auch der Gehweg verbreitert. Zwei große Kinderwagen hätten sich früher nicht begegnen dürfen. Dass das Verkehrsaufkomen an dieser Straße trotz Neubau der B14 immer noch so hoch ist liegt an der „not in my backyard“ Einstellung der Fellbacher. Eine Auffahrt auf die neue B14 am Südportal des Kappelbergtunnels haben sie damals erfolgreich verhindert. Wer will schon Verkehr im eigenen Viertel, die Bedürfnisse der Cannstatter waren ihnen völlig egal. Ich sehe also der ganzen Diskussion über die Abschaffung des Fahrradstreifens mit einer Tüte Popcorn amüsiert zu. Dazu wäre eine neue Planfeststellung notwendig. Die Partei möchte ich sehen, die in Canstatt eine Planfeststellung durchziehen will um eine 2 bzw. 4 spurige Straße mitten durch Cannstatt zu bauen.
    Beim googeln nach dem Planfeststellungsbeschluß konnte ich auf den ersten Seiten nur einen Beitrag aus dem Architekturforum finden, der meine Erinnerung stützt. Von dort habe ich auch ein paar Infos in meinen Beitrag einfließen lassen. http://www.deutsches-architektur-forum.de/forum/showthread.php?t=3368&page=76

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    1. Ich erinner gerne wieder daran: wenn es keinen Radstreifen gibt, einfach die Fahrbahn benutzen. Das ging vor dem Bau des Radstreifens völlig problemlos und geht auch heute noch. Man kann also einfach über den Wilhelmsplatz fahren, dann, wenn es denn sein muß, auf den Gehweg und die Fußgängerampel benutzen oder aber, wenn man einigermaßen flott unterwegs ist, auf die Linksabbiegerspur und dann halblinks Richtung Leuze.

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