15. Dezember 2015

Je weniger Autos, desto mehr Leben in der Stadt

Wer hält hier und kauft ein, nicht der Autofahrer.
Jan Gehl plant Städte um und macht sie lebenswert.In Kopenhagen die längste Fußgängerzone Europas gebaut.

Was rät er einem Bürgermeister aus einer Smog-Millionen-Metropole? Das hat ihn das online-Wirtschaftsmagazin gefragt.

Er antwortetet, wer würde zwei Grunderfahrungen der Stadtplanung mit ihm teilen. "Die erste ist eine mittlerweile vielfach belegte Erkenntnis: Erst formen wir unsere Städte, dann formen sie uns. Zweitens: Mehr und breitere Straßen führen zwangsläufig zu mehr Autoverkehr in der Stadt. Weniger Straßen und weniger Parkplätze hingegen schaffen Platz für Radfahrer, Fußgänger, Cafés und Plätze, kurz: das Leben." 


Wo viele Autos fahren, sind kaum Fußgänger
Gehl verweist auf das Beispiel San Francisco. "In San Francisco zerstörte vor zweieinhalb Jahrzehnten ein Erdbeben den Embarcadero Freeway, eine der Hauptverkehrsadern. Theoretisch hätte daraufhin Chaos ausbrechen müssen. Praktisch aber haben sich Pendler und Einwohner binnen kurzer Zeit andere Wege in die Stadt gesucht, so wie Wasser, wenn ein Erdrutsch seinen alten Flusslauf versperrt. Heute ist der Embarcadero ein Boulevard mit Trolley-Bussen, Bäumen und viel Platz für Spaziergänger und Radfahrer."

Daraus folgt übrigens, liebe Einzelhändler, dass Sie mehr Kunden in Ihre Läden bekommen. Schaffen Sie die Parkplätze vor ihren Ladentüren ab, dann findet in Ihrer Straße und vor Ihren  Schaufenstern Leben statt, und mehr Menschen betreten den Laden. Es ist ein Grundirrtum, dass eine Innenstadt wie die Stuttgarts von den Autofahrern lebt, die mit einer Tonne auf Parklatzsuche in die Gassen rammeln. Handel und Wandel hängt halt auch vom Wandel ab, also von denen, die langsam sind und überall anhalten, schauen oder gleich eintreten könnne. Der Kofferraum des Autos ist vielleicht die größte Einkaufstasche, aber wie oft kauft man schon einen Fernseher oder ein Bett. Die meisten Menschen gehen mit einer Tüte aus einem Laden. Und für die braucht man keine Fahrgerät von einer Tonne Gewicht und 3 auf 2 Meter Größe.

5 Kommentare:

  1. Kann das nur bestätigen. ich war über die Herbstferien in montpellier. dort ist die gesamte Innenstadt für den motorisierten Individualverkahr gesperrt, und es wimmelt nur so von teuren Designläden von Hermes bis luis vuitton, und zu Fuß gehende Käufer gibts dort wie Sand am Meer und breite Wege und kaum mal ein Auto.
    Komisch nicht?!

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  2. Kundenparkplätze vor dem Schaufenster? Das ist ländlich-dörflich gedacht. Nur dort will und kann man mitunter tatsächlich noch direkt vorm Bäcker- oder Metzgerladen für Brötchen und Frischwurstaufschnitt halten.

    Städtisch dagegen unterscheidet man 1A-etc-Lagen. Und wie unterscheiden die sich? In ihrer Passantenfrequenz. Passanten als potentielle Käufer und Kunden. Und natürlich ist es kein Zufall, dass es sich bei den besten Lagen durchweg um Fußgängerzonen handelt.

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  3. Komisch, dass es so vielen Stadtpolitikern so schwer fällt, das Offensichtliche zu sehen. Ich glaube, manche bekommen Panik, wenn sie daran denken, dass sie mit dem Auto nicht mehr in die Stadt hineinkommen. Übrigens sollte man darüber nicht lachen, nicht mal lächeln: Der ÖPNV macht es uns und vor allem Fremden nicht leicht, die richtige Karte zu ziehen, die Automaten sind unter aller Sau! Und Fahrrad fahren traut sich auch nicht jeder. Wir müssen mehr Mut machen.

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    1. Mit dem ÖPNV in Stuttgart stimme ich dir zu: Wohl keine andere Großstadt in Deutschland, die ich kenne (und es sind ein paar) hat nach meiner Erfahrung so ein kompliziertes Tarifzonensystem wie Stuttgart. Teils bekommt man auch zwei bis drei alternative Strecken mit unterschiedlicher Zonenzahl geboten, nur: wie entscheidet man sich denn als Ortsunkundiger, denn nirgendwo steht wann und wo man auch welcher Strecke umsteigen muss - ich meine, dies ist gewollt, denn im Zweifelsfall löst der Fahrgast wohl das teurere Ticket um auf der sicheren Seite zu sein. Hinzu kommen noch die Preissteigerungen im nächsten Jahr - womit werden diese eigentlich gerechtfertigt in Zeiten von Nullzins, Deflation und einem solch niedrigen Ölpreis? Der gute Service kann es ja wohl nicht sein. Da nehme ich trotz der kühlen Temperaturen und des nervigen Autoverkehrs doch lieber das Rad. :)

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  4. Ja in Holland ist das auch schon deutlich fortschrittlicher, kaum jemand bewegt sich dort über kurze Distanzen mit dem Auto fort. Auf www.e-bike-test.net gibts ein paar Zahlen darüber wie wichtig es ist mal mit dem Fahrrad oder E-Bike zu fahren, statt immer das Auto zu nehmen

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