1. Dezember 2014

Wie wir Radfahrer den Autoverkehr subventionieren

Die Washington Post hat mich auf das Thema aufmerksam gemacht. Die Zeitung fragt: Warum soll mein Fahrrad dein Auto subventionieren? Aber tut es das denn wirklich? 

Aber ja. Supermärkte haben in Tiefgaragen Plätze, deren Gebühren sie den Kunden zurückerstatten. Und  sogar dieser Alnatura-Laden lockt Autofahrer damit, dass ihnen eine Stunde Parkgebühren in einem bestimmten Parkhaus zurückerstattet werden. Nicht nur einem, sondern vielen.  Woanders bieten Supermärkte gleich ganz kostenlose Parkflächen für Einkäufer an. Das ist schön für Autofahrer. Aber bezahlen tun wir das alle, auch Radler und Fußgänger.

Denn natürlich holt sich der Handel zurück, was er investiert. Und zwar so wie das alle Händler mit versteckten Kosten machen: Sie schlagen sie auf die Preise der Produkte. Und die sind für uns alle gleich, für Autofahrer, aber eben auch für Radler und Fußgänger. *

Das ist ein Beispiel, wie wir Fußgänger und Radfahrer das Auto subventionieren. Das Milaneo wirbt mit kostenlosen Parkgutscheinen. Auch die werden von Einkäufern subventioniert, die mit der Stadtbahn oder mit dem Rad kommen. Außerdem lockt das einen gigantischen Autoverkehr an. Die Polizei, die jetzt die Anwohnerstraßen vor illegalen Parkern schützen muss, bezahlen alle Steuerzahler/innen.

Tankgutscheine, die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern ausstellen, sind ein weiteres Beispiel. Damit werden Autofahrer unter den Mitarbeitern belohnt. Bezahlt werden diese Personalkosten wiederum von allen Käufern der Produkte dieser Firma.

Darüber hinaus wenden wir ohnehin pro Jahr mit zwischen 750 bis 950 Euro fürs Auto auf, und zwar jeder einzelne von uns, egal ob er ein Auto hat oder nicht. In Deutschland produziert das Auto pro Jahr ungedeckte Kosten (die nicht von Autofahrern und deren Versicherungen, sondern von der Gemeinschaft getragen werden) von mindestens 88,2 Milliarden Euro.

Dass der Autoverkehr enorme Kosten verursacht, die wir alle, auch Radfahrer und Fußgänger tragen, habe ich hier schon mal dargestellt.

Wer es wissenschaftlich nachlesen will, sei auf die Studie der Dresdner Universität verwiesen, die errechnet hat, dass wir alle im Jahr bis zu 950 Euro aufwenden, um die Folgen des Autoverkehrs zu bezahlen, etwa Kosten für Unfallschäden (Krankenhaus, Rehabilitation, Arbeitsunfähigkeit) oder für Maßnahmen gegen Klimaschäden und Lärm. In Deutschland waren das im Jahr 2008 der Studie zufolge 88,2Milliarden Euro. Wobei wir in Deutschland im Europavergleich den absoluten Spitzenplatz bei den Kosten für die Allgemeinheit einnehmen. (Siehe: Tabelle.)

Das finde ich nicht einmal so schlimm, denn wir leben in einer Solidargemeinschaft. Schlimm finde ich aber, mit welcher Aggressivität immer wieder gegen Radler gehetzt wird, verbunden mit Forderungen sie sollten endlich Steuern für Radwege zahlen. Als ob Radfahrer natürliche Feinde des Autoverkehrs wären. Das Gegenteil ist der Fall. Nur die Tatsache, dass auch in Stuttgart immer mehr Radler unterwegs sind, stellt sicher, dass Stuttgart den gleichzeitig zunehmenden Autoverkehr überhaupt noch bewältigen kann. Würden all die, die derzeit Rad fahren, ins Auto umsteigen, hätten wir die meiste Zeit des Tages Stau und Stillstand.

* Schlauberger sagen jetzt: Ja, aber der Autofahrer kauft ja auch mehr in dem Laden. Stimmt (unter Umständen), aber der Radfahre oder Fußgänger geht dafür öfter in diesen Laden und kauft in der Woche genauso viel (unter Umständen). Abgesehen davon, dass Radler und Fußgänger die kleinen privaten Läden eher ansteuern und damit den örtlichen Kleinhandel besser unterstützen als Autofahrer, die die Tiefgarage des Supermarkts anfahren und aus dem Gebäude nicht rauskommen.


10 Kommentare:

  1. Zu den Kosten für Radwege: ungeachtet dessen, wie man zu Radwegen steht, ist der Grund für Radwege auch wieder die Autos. Würde weniger Auto gefahren werden, wären Radwege und -streifen noch überflüssiger als sie eh schon sind.

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    1. Im Gegensatz zu NL oder DK werden in D Fharradwege nicht für, sondern gegen Fahrradfahrer gebaut. Zu fordern dass diese ihre Vertreibung von der Fahrbahn auch noch selbst bezahlen sollen ist mehr als zynisch.

      Radschwarzfahrer

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  2. Ich würde gerne endlich KFZ-Steuern fürs Fahrrad zahlen, um dieses dämliche Argument endlich zu entkräften. Ich überlege da noch, ob ich mich eher nach Hubraum, CO2-Ausstoss oder vielleicht doch nach Achslast des Fahrzeugs besteuern lassen sollte ;-)

    Das Problem mit den kostenlosen Parkplätzen ist wohl nur politisch über die Gesetzgebung hinzubekommen - kein Händler wird sich trauen hier den ersten Schritt zu wagen. Es sind ja nicht nur die Händler - das ganze trifft ja teilweise auf komplette Ortschaften zu die an den Wochenenden beliebte Ausflugsziele sind. Statt die Leute dann wenigstens VOR dem Ort parken zu lassen, wird jeder freie Millimeter vor den Cafes, Eisdielen oder Biergärten zugeparkt. Wenn man es nicht erlaubt, würden die Leute ja event. ins Nachbardorf fahren...

    So lange der Autofahrer als der solventere Kunde angesehen wird (obwohl er ja schon mal 400€ oder mehr pro Monat weniger in der Tasche hat), so lange wird der Autofahrer hofiert werden.

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    1. Im Grunde zahle ich ja schon KFZ/Fahrradsteuer. Viele besitzen ja, obwohl sie mit dem Rad fahren trotzdem ein Auto. Ganz ohne geht's halt (fast) nicht. In der Zeit mit der ich mit dem Rad fahre entlaste ich den Verkehr ganz enorm. Nur ein Beispiel: Würde alle die im Mercedes Werk Sindelfingen arbeiten und mit dem Rad kommen einen Tag das Auto benutzen würden ca 2500-3000 Parkplätze fehlen. Das fängt kein Parkhaus auf.....abgesehen vom allabendlichen Verkehrschaos. Und das wiederholt sich in Untertürkheim und beim Bosch in Feuerbach auch.....

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    2. Ich zahle über's Jahr wesentlich mehr öffentliche Abgaben (Steuern), als die meisten, die mit dem dämlichen KFZ-Steuer-Argument daher kommen, je in ihrem Leben an KFZ-Steuer aufbringen werden.
      Da Steuern ohnehin nicht zweckgebunden sind, wird der Radweg eben von meiner Einkommensteuer finanziert. Die reicht schon für ein schönes Wegstück.

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  3. Stau verursacht enorme volkswirtschaftliche Kosten. Wenn ich meinen Pkw also in der Garage lasse und mein Rad nutze, schone ich nicht nur die Umwelt, sondern ich verkürze auch den Stau und entschärfe die Parkplatzsituation.

    "Auf Stadtlevel heruntergebrochen zeigt sich, dass Stau und erhöhtes Verkehrsaufkommen Autopendler in Stuttgart im Jahr 2030 4.180 Euro pro Haushalt kosten werden – ein Anstieg von 35 Prozent im Vergleich zu 2013."

    Zitatquelle: http://www.verkehrsrundschau.de/33-milliarden-euro-staukosten-im-jahr-2030-1555305.html

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  4. Es sind übrigens 88,2 Milliarden Euro und nicht Millionen.

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  5. Man kann auch noch die 20 Milliarden Bundesmittel für Straßenbau/Unterhalt hinzuzählen plus 30 Milliarden Kosten für Schäden die durch Staus entstehen: http://green.wiwo.de/verkehr-2030-kosten-staus-520-milliarden-euro/

    Summasummarum stehen also 86 Milliarden an versteckter Subventionierung für den Autoverkehr zu Buche!

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  6. Die gewaltigsten Kosten des Autofahrens entstehen in Deutschland als Krankheitsskosten (2010 betrugen allein die Kosten der Krankenkassen knapp 90 Mrd €)

    Radfahren gilt in Dänemark und Niederlande nicht umsonst als Cashcow des Gesundheitswesens.

    " 80% der Ausgaben werden durch Übergewicht verursacht, das kann jede Krankenkasse bestätigen. Also durch Bewegungsmangel und falsche Ernährung." (Focus)

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